Spaß mit der Telekom 7. März 2014

Nein, ich hatte keinen Telefonstreich mit dem so genannten Service der Telekom, wenngleich allein das Wortspiel schon zu selbigem verführt.
Es war auch nicht wirklich ein Spaß oder gar eine Freude, aber das Drama an sich wiederum war schon so skurril, dass die letztlich entstandene Tragikomödie – oder besser: Realsatire? – jeden Comedian glatt arbeitslos machen könnte.

 

Akt 1: Der Auslöser

Es begab sich an einem Wochenende, als mein Telefon mich jäh aus der Trägheit der Freizeit alarmierte: „Mein Telefon geht nicht mehr, ich bin außer am Handy nicht mehr erreichbar“ – und das von jemand, für den das Festnetz-Telefon einen festen Bestandteil des Rentnerdaseins darstellt.
Hier darf die ältere Generation verdientermaßen für sich in Anspruch nehmen, technisch nicht so bewandert zu sein. Kommt man doch aus einer Zeit, als die Dinge noch funktionierten und nicht, wie Heinz Erhardt es mal formulierte, „bei der ‚Made in Germany‘ momentan ja auch der Wurm drin ist“.

Die mittlere Generation (soll heißen: ich), wie immer unterwegs und nicht so schnell greifbar, weiß erste Hilfe: Kostenlose Service-Hotline der Telekom anrufen, Störung melden und sich Ratschläge geben lassen.
Alles wieder gut, Nerven beruhigt, man hört sich mit dem Ergebnis der Störungsmeldung.

 

Akt 2: Ferndiagnosen und Irrwege

Es gab mal eine Zeit, da konnte ich der Telekom nahezu blind vertrauen und genau mit diesem Gewissen hatte ich ja auch die Hotline empfohlen. Wie sehr sich die Zeiten ändern können, bekam ich am Sonntag mit dem nächsten Notruf zu spüren:

„Die von der Störungs-Hotline haben mir gesagt, dass mein NTBA kaputt ist und ich zum nächsten T-Punkt fahren soll, um mir dort einen neuen geben zu lassen.“

Ich war schlagartig wach, der ruhige Sonntag war futsch und ich begab mich per Zug zum Tatort – dort, wo der NTBA sein elektronisches Leben ausgehaucht haben sollte.
Überhaupt: Wieso ein NTBA? Dort war ein ISDN-Anschluss? Aha – und an welcher Telefonanlage bitte? Für wie viele Endgeräte denn, vor allem: In einem Privathaushalt ohne dort lebende Kinder? Der Laie staunt und der Fachmann wundert sich – aber was die Telekom per Fernwartung misst, muss ja richtig sein.

Dass man den Kunden dann auffordert, den nächsten T-Punkt aufzusuchen – nein, vertragliche Kooperationspartner wurden nicht genannt -, weil das schneller als mit der Post wäre (stimmt am Wochenende zwar, ist aber trotzdem nicht nett gegenüber DHL, denn die sind mit Telekom-Produkten wirklich sauschnell!), finde ich offen gestanden ein wenig frech. Immerhin sind diese Geschäfte jenseits der größeren Städte eher rar gesät, und ich rede hier nicht vom bayerischen Wald oder der Mecklenburger Seenplatte.
Sagen wir es mal so: Laut Internet war der nächste T-Punkt vom Tatort aus – wie bitte? – locker 20 km (Luftlinie!) entfernt und mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht so leicht zu erreichen. Na dann: Prost.

Am Ort des Geschehens eingetroffen, kam endlich mal Licht ins Dunkel. Tatsächlich fanden sich noch (überflüssige) Relikte eines ISDN-Anschlusses aus der Jahre zurückliegenden beruflichen Tätigkeit am Heimarbeitsplatz. Brav reihten sich Splitter, NTBA, ISDN-fähiger Router, PC und Telefon aneinander – das Fax hingegen wurde zeitgleich mit seinem Besitzer in Rente geschickt.
Da war er also, der böse NTBA – und begrüßte mich mit einer freundlich grün strahlenden Kontrolleuchte. So also sieht ein defektes Gerät aus, ah ja.

Schnell noch alle Stromversorgungen und Verbindungen der Geräte untereinander geprüft; Ergebnis: Alles bestens. Okay, jetzt ist Köpfchen gefragt: Warum zum Teufel will das Telefon nicht mehr? Der NTBA leuchtet grün, aber da hängt kein Telefon dran, nur der Router als Anlage. Der wiederum versorgt das (analoge) Telefon.
Warum aber leuchtet am Router nichts?
Ha, kein Thema, ist garantiert der Billig-Trafostecker des Routers, schöne Fehlerquelle. Also Stecker ziehen und wieder einstecken, man hört sogar ein leichtes „Klack“ (huch, ein Relais?) – und die Kontrolleuchten zeigen… nichts.

Mist.
Ach, Wochenend‘ und – Sonnenschein, klar, also mal schnell das Zimmer verdunkelt… ja nu gugge mal da. Ja, die LED am Router… leuchteten nicht, sie – glimmten. Ganz schwach, kaum erkennbar, aber ein letztes Lebenszeichen war es wohl. Nur eben nichts für einen anständigen Betrieb. Diagnose: Router tot, Festnetz-Außenwelt gekappt.

So viel zum Thema „Wir haben gemessen, dass ihr NTBA defekt ist“. Kunde und T-Punkt hätten sich gefreut; von Kilometern, Zeit und Aufwand mal ganz abgesehen.

 

Akt 3: Der Kunde ist schuld

Endlich mal was handfestes, mit dem man die Störungs-Hotline konfrontieren kann, jetzt kommt Bewegung in die Angelegenheit. Voller Vorfreude die 0800-kennichschon gewählt, von diesem saublöden Computersystem ausgebremst, geduldig gewartet: „Deutsche Telekom Technik, mein Name ist Realsatire, guten Tag“.
Die Dame wusste, wie man geduldige Kunden leicht nerven kann:

„Bitte nennen Sie mir die Rufnummer, um die es geht.“

Das hatte ich dem Computer schon vorgetextet, das muss doch auf ihrem Bildschirm stehen. Oder denke ich hier einfach zu weit?

„Ich muss die Leitung jetzt noch einmal durchmessen.“

Auch das, gute Frau, fand bereits während des ohnehin zu langen Computer-Vorgesprächs statt.

„Das muss ich alles noch mal erfragen und neu messen, weil es manchmal zu Verwechslungen kommt.“

Ich habe ja schon viel gehört, aber das war selbst mir neu.
Fragt sich nur, ob die Verwechslungen bei der Störungs-Frau oder der Telekom öfter vorkommen. Wie ich ich schon schrub™: Bislang waren meine Erfahrungen mit der Telekom überwiegend positiv. Von daher…

War das Ergebnis tatsächlich vorhersehbar? Oder war ich zu naiv, mit etwas anderem als „Der NTBA ist defekt, bitte lassen Sie ihn austauschen“ zu rechnen?
Irgendwie hatte meine Gesprächspartnerin verdrängt, dass ich eine Analyse vor Ort gemacht hatte, mit der ihre Fernmessung einfach nicht konkurrieren konnte. Nur so lässt sich ihr stures Beharren auf „Das kann gar nicht sein, mir wird hier der NTBA als defekt angezeigt“ erklären. Selbst der Hinweis auf die grüne Kontrolleuchte am vermeintlich defekten Gerät konnte sie nicht überzeugen.

Irgendwann besann sie sich doch darauf, dass der Sinn einer Störungs-Hotline nicht allein in der Erfassung, sondern auch in der Eingrenzung der vom Kunden geschilderten Probleme liegen könnte. So fragte sie, eher beiläufig, ob denn auch das Internet gestört sei?
Ich bejahte.
Kurze Denk- und erneute Messpause.

„Ja, ihr Router ist defekt, und da es sich um ein Kaufgerät handelt, müssen Sie sich einen neuen kaufen.“

Die Freude über die Bestätigung meines zutreffenden Verdachts wich schnell dem Misstrauen: Wie sie denn so plötzlich vom vermeintlich defekten NTBA auf den defekten Router gekommen sei?

„In der ersten Meldung war von einer gestörten Telefonleitung die Rede, aber nicht vom Internet. Hätten Sie gleich gesagt, dass das Internet auch gestört ist, hätten wir Ihnen direkt den richtigen Hinweis geben können.“

Wie bitte?
Mo-ment mal, das verschlägt selbst mir als vergleichsweise erfahrenem Telefonanlagenkonfigurator die Sprache. Unsere angeblich fehlerhafte Störungsmeldung war schuld an einer falschen Auskunft der Telekom?

Zum Mitdenken: Von jetzt auf plötzlich ist die Telefonleitung tot, Grund unklar. Ich rufe die Telekom an und melde die Störung (es könnte ja auch der Verteiler auf der Straße abgefackelt sein und die wissen es schon). Mal ehrlich, wer von euch schaltet in so einer Situation den komplett ausgeschalteten PC ein, um auch die Internetverbindung zu prüfen? Nur, damit die Telekom ein vollständiges Fehler-Meldebild erhält?

In meinem Weltbild, auch schon ein paar Tage alt, führt mich im Störungsfall ein erfahrener oder zumindest gut unterwiesener Mitarbeiter durch das Gespräch, vom nicht eingesteckten Netzstecker bis hin zum Knick im DSL-Kabel oder weiß-der-Geier-was. So grenzen wir gemeinsam das Problem ein und kommen letztlich zu einer effizienten Störungsbeschreibung und -beseitigung. Das ist für den Augenblick zwar etwas aufwändiger, spart langfristig jedoch Zeit und Geld.
Lässt sich halt nur nicht so einfach outsourcen, liebe Betriebswirte!

Hier hingegen wird von mir verlangt, dass ich mich als Patient selbst mit einer fertigen Diagnose ins Krankenhaus einliefere, um vom Arzt ein Rezept zu bekommen. Die Untersuchung wurde vorher am Telefon per Fernwartung („durchmessen“) erledigt.
Vielen Dank auch!

Epilog

Im Rahmen der gesamten Störungsbeseitigung inkl. Erst-, Zweit- und Fehldiagnosen, Improvistaions- und Überbrückungslösungen habe ich viele und zum Teil recht lange Gespräche mit vielen Mitarbeitern sowohl der Telekom selbst als auch Angestellten in beauftragten Subunternehmen geführt. Bis auf diesen einen Ausreißer waren nahezu alle stets freundlich, engagiert, einfallsreich und manchmal sogar richtig kompetent. Es kam mitunter vor, dass unternehmensfremde Callcenter-Kräfte nicht von langjährigen Telekom-Mitarbeitern mit noch mehr Herz zu unterscheiden waren.
Noch nie – nie! – jedoch wurde mir oder Menschen, denen ich bei Telekommunikationsproblemen geholfen habe, vorgeworfen, eine unvollständige oder gar fehlerhafte Störungsmeldung abgeliefert zu haben, die dann zu einer falschen Beratung geführt hätte.

Mir ist vollkommen klar, dass outsourcing gang und gäbe ist – aber der Schritt der Verlagerung der Problemfindung zum Kunden hin ist des Guten nun wahrlich zu viel. Nichts gegen präzise Angaben, aber sie müssen zusammen erarbeitet werden, weil der unerfahrene Hilfesuchende und der vermeintlich erfahrene Ratgeber von ihren jeweils unterschiedlichen Wissens-Leveln aus ein gemeinsames Ziel erreichen müssen.

Es ist absolut bedauerlich, dass ein so derartig katastrophales Gespräch viele andere engagierte und zum Teil mit viel Herzblut trotz verschlechterter Arbeitsbedingungen treue Telekom-Mitarbeiter sowie ihre ausgelagerten Kolleginnen und Kollegen in Misskredit bringen könnte. Das ist wahrlich nicht meine Absicht, aber die Versuchung, alle über einen Kamm zu scheren, war an diesem Sonntag Nachmittag sehr groß.
Da jedoch die Problemlösungskompetenz aller anderen Mitarbeiter im Namen des magentafarbenen T im Nachhinein als „gut“ zu bewerten ist, mache ich aus einer einzelnen Gewitterwolke kein Unwetter.

Es kommt extrem selten vor, dass ich mit Menschen in einem Job so derart unzufrieden bin, dass ich mir wünsche, sie würden ihn nicht länger ausüben. Noch viel weniger gehöre ich zu denen, die als Jobkiller auftreten. Als Kunde, wohlgemerkt!

In diesen Zeiten ist niemand ernsthaft die Arbeitslosigkeit zu wünschen. An jenem Sonntag Nachmittag habe ich eine Ausnahme gemacht und mir offen und ehrlich gewünscht, dass diese eine Frau bitte nie wieder im Service – jedweder Art – eingesetzt wird. Der Schaden, den sie einem Unternehmen zufügen kann, ist enorm – und bei der Abwägung zwischen einer einzelnen Entlassung und mehreren Kunden, die als Multiplikatoren über die schlechte Beratung eines Unternehmens im Servicefall berichten fällt mir die Entscheidung in einem solchen Fall garantiert nicht schwer.

Allein die Tatsache, dass dieser Vorfall mich nach so langer Zeit wieder hat bloggen lassen, sollte nicht nur der Telekom zu denken geben.

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